„Das Museum übt eine nicht abreißende Anziehungskraft auf alles aus, was Menschen tun. Der Mensch, der Werke schafft, der Mensch, der stirbt, füttert es. Alles endet an der Wand oder im Schauschrank.“
Fontane selbst lebte in einer Zeit, in der sich das Museumswesen zu entfalten begann und in Berlin ein regelrechter Museumsboom einsetze. Darum ist es nicht verwunderlich, dass er sich diesem Thema annahm. In seinen Reportagen und Reisetagebüchern finden sich Hinweise über Ausstellungs- und Museumsbesuche im In- und Ausland. So schreibt er beispielsweise über den Londoner Kristall-Palast, den er als „furchtbares Durcheinander“ von Kunstgalerien, historischen Reminiszenzen, Gewerbeausstellung, Kolonialwaren und Blumenschau erlebt. Geradezu deprimiert stellt er fest:
„Unsere Schätze erdrücken uns und verwirren uns. Die Notwendigkeit, sie in einer Behausung zusammenzudrängen, treibt die Betäubung und die Trauer, die von ihnen ausgehen, noch über sich hinaus. [...] Das prangende Chaos des Museum läuft mir nach und verbindet sich mit der lebenverströmenden Bewegtheit der Straße.“ ( HFA III/1)
Aber auch die Sammlungen seiner Heimat, teilweise noch in adeligem Privatbesitz, teilweise bereits als öffentliche Museen institutionalisiert, interessieren ihn sehr:
„Ich bereise jetzt unsere märkisch-brandenburgische Heimat und durchstöbre (wie ich’s im Ausland gelernt habe) die alten Schlösser der Zietens, Schwerins und Winterfeldts, auch wohl der Köckeritz’ und Itzenplitz’, dazu die kleinen märkischen Städte mit ihren Männern und ihren Erinnerungen.“ (GBA S. 572)
Das „Stöbern“ in Herrenhäusern, Kirchen und Schulen brachte Kunstschätze und Erinnerungsstücke aller Art zutage, die Fontane teils inventarartig aufzählt, teils anschaulich schildert. Für Fontane erschöpft sich der Sinn des Museums aber nicht in der Bewahrung der Exponate. Über die Akkumulation und wissenschaftliche Systematisierung von Objekten hinaus kommt den Museen eine sinnstiftende Aufgabe zu. Denn es ist der Heimat- und Geschichtsbezug, der das materiell Vorgefundene in eine „Welt voll Leben“ verzaubert.
„In dieser Kollektion von Altertümern, (liegt) etwas Anregendes darin, dass alles Beste, was die Sammlung bietet, entweder in dem immerhin regen Kreise der heimatlichen Provinz oder sogar in dem allerengsten der Grafschaft selbst gefunden ist. [...] Genau dies ist es, was die sonst tote Landschaft [...] belebt und auch in den ödesten Heidestrich eine Welt voll Leben zaubert.“ (GBA S. 193, 197)
Seine Besuche und Reflexionen riefen schließlich sogar in Fontane die Versuchung hervor, selbst zum Museumsgründer zu avancieren. Als eine „große, schöne, herzerhebende Aufgabe“ erschiene es ihm, aus dem reichen historischen Material in Kirchen und Adelssitzen ein Museum zu schaffen. „Im Allgemeinen meinen Kräften mißtrauend und in Rivalitätskämpfen gern zurücktretend, hab ich doch hier das Gefühl: das könnt ich. Ich bin mir auch klar darüber, warum ich es könnte.“ (HBF 4.2. S.198-200.)
In einem Brief an Mathilde von Rohr schildert er, wie er ein Museum einrichten würde: „Gobelins und Bilder, immer der bestimmten Epoche entsprechend, hätten an den Pfeilern und Wänden hinzulaufen, ein historisches Mobiliar (Wiege, Lehnstuhl, Arbeitstisch, Notenpult, Sterbesessel etc.) hätte eine möglichst natürliche Aufstellung zu erfahren, große Glasschränke hätten das historische Costüm und Glaskästen die Curiositäten, Reliquien, Erinnerungsstücke aufzubewahren. Jeder Saal ein Ganzes, in sich Abgeschlossenes, ein Zeitenbild, eine Welt für sich und doch in Aufbau, Arrangement, Prinzip der gleichgeartete Bruder der Nachbarsääle.“ (HBF 4.2. S.198-200.)
Die „Götz Hand“
Diese Handprothese wird von Fontane in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg erwähnt und ausführlich in ihrer Funktionalität beschrieben.
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin vom 30. März 2019 bis 30. Dezember 2019.
Pokal der Neuruppiner Tuchmacherinnung
Fontane muss dieses Schaustück bei seinem Besuch in Neuruppin gesehen haben und obwohl der Pokal ein Herzstück des dort entstehenden Museums darstellte, erwähnt ihn Fontane bei seiner Sammlungsbeschreibung nicht.
„Museumsmassenschätze staunt man an und geht mit dem trostlosen Gefühl daran vorüber, »dieser 10 000 Dinge doch niemals Herr werden zu können«; wo hingegen nur 100 Dinge zu uns sprechen, lächelt uns von Anfang an die Möglichkeit eines Sieges.“
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin vom 30. März 2019 bis 30. Dezember 2019.
Literatur online:
Wanderungen durch die Mark Brandenburg
„Berlins Menschenliebe kommt Ruppin in der Asche liegend zu Hülfe“
Der Kupferstich von Daniel Chodowiecki hingegen hält Fontane für bemerkenswert. Das Bild erfährt eine ausführliche Beschreibung in FontanesWanderungen durch die Mark Brandenburg.
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin vom 30. März 2019 bis 30. Dezember 2019.
"Odinswagen"
Dieser bronzezeitliche Deichselwagen wird von Fontane ausführlich in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg beschrieben und er inspierierte ihn gleich mehrfach. (Im Kapitel Notizbücher erzählen wir, wie Fontane dem Wagen in seinem Werk Vor dem Sturm literarisch ein Denkmal setzt.)
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin vom 30. März 2019 bis 30. Dezember 2019.
Sammlung Zieten
Diese Objekte müssen den bronzenen Deichselwagen umgeben haben als Fontane die Sammlung betrachte, aber wahrscheinlich zählten auch diese Objekte für Fontane zu jenen 10.000 Dingen, denen man nicht Herr werden konnte, und so erwähnte er sie mit keinen Wort in den Wanderungen durch die Mark Brandenburg.
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Autor in Neuruppin vom 30. März 2019 bis 30. Dezember 2019.
Theodor Fontane selbst im Museum
Das repräsentative Gemälde zeigt Fontane 1883 mit den „Insignien“ seines Berufes als Schriftsteller: Feder und Buch.
Zu sehen gewesen in der Ausstellung fontane.200/Brandenburg - Bilder und Geschichten in Potsdam vom 7. Juni 2019 bis 30. Dezember 2019.